Der Städtetag und die politische Solidalität der
Reichsstädte am Ende des Mittelalters.
Takashi Aizawa
¡¡¡¡In den Forschungen über das städtische Reichsbewusstsein wurde
einmal auf die Identität von Reichsstadt und Reich in ihrer politischen
Zielsetzung wie im bürgerlichen Bewu©¬tsein im Spätmittelalter hingewiesen. Heinrich Schmidt hat zum Beispiel das Identitätsbewu©¬tsein
und -behauptung der Stadtbürger mit Hilfe der Stadtchroniken des deutschen
Spätmittelalters bestätigt. Nach
seiner Ansicht betrachteten die Reichsstäte ihr altes Recht und die von König
und Reich zugewiesenen Privilegien und Freiheite als unlösbaren Teil von den
Rechten des Reichs und konnten sich deshalb als ,Reich' schlechthin
verstehen. Direkte Übergriff von
seiten der Fürsten gegen sie bedeuteten daher eine Schädigung des Reichs. Gegen
diese Ansichten haben andere Forscher die ideologischen Elemente in ihrer
Gleichsetzung mit Reich behauptet und betont, dass der Gleichung das Motiv der
Sicherung der reichsstädtischen Rechts- und Sozialordnung zugrunde liegt und
sie nur einen Teilaspekt der städtischen Politik darstellt.¡¡Im Hinblick auf die Isolation und Defensive gegenüber Reichsfürsten
beanspruchten Reichsstädte für sich,, das Reich zu sein oder zu
repräsentieren. Das negative
Benehmen der Reichsstädte gegenüber Reich ist sicher oft im Spätmittelalter
festzustellen. Vor allem seit dem
Kaiser Karl IV. der als einer der Territorialherren ihre Reichspolitik auf ihre
Hausinteressen hin trieben, galt die Gleichung von König, Reich und Stadt nur
in dem beschränkten Ausma©¬. Ein
Teil von den Reichsfürsten kritisierte denn auch die Zurückhaltung der
Reichsstädte gegen die entsprechenden Leistung für das Reich und hielte die
adlig-fürstliche Herrschfts- und Sozialordnung entgegen, die den aktiven Schutz
und
Hier
sollen die Städtetage im zweiten Hälfte des 15.Jahrhunderts behandelt und die
Frage gestellt werden, wie weit und wodurch diese negative Politik gegenüber
dem Reich geändert wurde, und dabei wird betrachtet, welche Rolle diese
städtische Versammlung und die zwischen Städten, Kaiser und Reichsfürsten
geführten Verhandlungen in dem entstehenden Reichstag spielte. Zuerst werde die Situation in der Mitte
des 15.Jahrhunderts, in der sich
die Reichsstädte befanden, skizziert und dann sei von der Städtetage die Rede.
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¡¡Im Hochmittelalter entstanden vor allem in Süddeutschland eine gro©¬e
Reihe von Königs- und Reichsstädte. Die königliche Gewalt gegenüber der Königs-
und Reichsstadt beruhte primär nicht auf der königlichen Grundherrschaft,
sondern auf der königlichen Gerichtsherrschaft, d.h. der Vogtei über die Stadt
und ihre Bürger, unabhängig davon, ob der König dort Grundherr war oder die
Bürger auf Grund und Boden anderer Herren lebten. Die an den König entrichteten
ordentlichen Jahresteuern sind nicht Grundzinsen, sondern Vogteiabgaben. Die königliche Vogtei begründete ein
unmittlabares Treueverhältnis zwischen König und Reichsstadt, das durch die
städtische Huldgung und das Treuegelöbnis zum Ausdruck kam, und den König zum
Schutz der Stadt und ihrer Bürger verpflichtete. Dafür mussten die Städte Rat und Hilfe
an den König leisten und die städtische Heerfolgepflicht erfüllen.
Im Verlauf
des Spätmittelalters, insbesondere während des sogenannten Interregnums
wandelte sich das Verhältnis zwischen König und Reichsstädte. Die königliche Stadtherrschaft verlor an
Substanz und die königlichen Statthalter z.B.Reichsschulthei©¬ wurden weitgehend
von dem städtischen Rat verdrängt und der Umfang der Befugnisse des Stadtrats
dehnte sich immer aus. Die städtische Jahressteuer wurde andererseits fixiert
und sogar häufig gesenkt.¡¡Das stadtherrliche
Verhältnis wandelte sich in ein reichsstädtischen Verhältnis um. Aber dieses Verhältnis blieb allerdings
bis in die frühe Neuzeit unstabil.
Denn nachdem die Reichsstädte in dem letzten Jahrzehnt des 15.Jh.die
,Reichsstandschaft' erlangt zu haben schienen, wurden ihnen die ständischen
Rechte schon am Anfang des 16.Jahrhunderts anl䩬lich der Frage der Besetzung
des Reichsregiments von den oberen Ständen stark beschnitten. In der Mitte des 13.Jahrhunderts beanspruchten
sie in Städtebünden wie der rheinische und der schwäbische Städtebund die
Befugnisse zur Mitregierung im Reich und diese zum Teil auch in die Tat
umgesetzt. Sie fassten das Ziel ins Auge, den gemeinsamen Nutzen zu fördern und
zu vermehren und dadurch das Reich zu schutzen Für sie war vor allem die Wahrung
der Friede au©¬erhalb der Stadtmauer dringend wichtig und auch in dieser
Hinsicht spielten die Städtebünde eine bedeutende Rolle.
Im Spätmittelalter verstärkten aber auch die benachbarten Fürsten und
Herrn ihre Herrschaft, und arrondierten immer mehr ihr Territorium und
schotteten sie nach au©¬en ab.
Die einzelnen Reichsstädte isolierten sich voneinander und Städtebünde
verloren ihre Wirksamkeit als Hilfsmittel, diese Lage zu verbessern. Die Könige als Schutzherr der Städte
trieben besonders seit Karl IV.ihre Hausmachtpolitik und betrachteten oft ihre
Reichsstädte nur als Finanzmittel, so dass die einzelnen Rechte der Städte oder
die Städte selbst vom König verpfändet wurden. Das rief die Gefahr hervor, ihre Reichsunmmittelbarkeit zu verlieren
und der intermediärer Herrschaft, wie sie von den Territorialherren über die
landsässigen Städte ausgeübt wurde, zu unterliegen, indem eine längere
Nichteinlösung der Städte als Pfandgegenstandes eine entscheidende Entfremdung
vom Reich mit sich bringt. Deshalb
wurde das Reichsoberhaupt immer wieder angerufen, die Städte gegen gewaltsame
Übergriff der fremden Herrn zu schützen und zu verhindern, dass Städte vom
Reich entfremdet wurden.
Im ersten
Hälfte des 15.Jahrhunderts schienen die Reichsreformpläne und
Reichsfriedensgesetze den Städten die Heilmittel zu sein, die sie aus der
Notlage retten kann.¡¡Die Ausgestaltung
des Reichsfriedenrechts war für die Reichsstädte vor allem von primärer
Bedeutung. Obwohl die Reichsstädte
durch ihre Wirtschafts- und Finanzkraft politische und militärische Fähigkeiten
sprunghaft steigerten und ein kleines eigenes Territorium zu schützen imstande
waren, blieben sie au©¬erhalb ihrer Mauern der Beschädigungsgefahr immer noch
ausgesetzt. Die Stadt war durchaus
Sonderfriedensbereich gegenüber der Umwelt und hob sich grundsätzlich ab von
der Rechts- und Sozialordnung des Adels, dessen Rechtsanspruch und
Rechtsüberzeugung sich auf das gewaltm䩬igen Rechtsmittel von Fehde stützte. Diese rechtliche Fehde neigte allzu oft
zur willkürlichen Repressalie gegen eine Stadt oder wurde zu rüdem Stra©¬enraub
degradiert. Sie verlangten deswegen nach einer friedlichen Rechtsordnung des
Reichs, die streitenden Parteien allein an den gerichtlichen Austrag verwies
und einen Zustand versicherter Gewaltlosigkeit schuf.
¡¡Auf der anderen Seite trieben die benachbarten Fürsten und Herren
sehr oft ihre Verkehrspolitik gegen die Stadt durch die Errichtung neuen Zölle
und Geleitrechte oder durch die Verhinderung städtischer Verkehr. Herzog Ludwig von Bayern-Landshut
sperrte
¡¡Dem gesteigerten Bedürfnis nach einem effektiv ausgeübten
Reichsfrieden entsprach keine genügende und angemessene Möglichkeit der
Reichsstädte zur Mitgestaltung des Friedensrechts. Zwar wurden die Reichsstädte als
Ratgeber in der Frankfurter Reichsfriedensordnung von 1442 angeführt, die als
königliche Reformation bezeichnet wurde, und die Fehde in ein nebensächliches
Hilfsmittel abdrängte, sie waren
jedoch auf dem Reichstag überhaupt nicht gehört und völlig übergangen
worden. Zudem seitdem sie im
Städtekrieg der Jahrhundersmitte stark gelitten haben. war der Spielraum ihrer
Friedenspolitik sehr beschränkt worden.
Für sie war der Schutz des Kaisers gegen Angriffe nicht genug wirksam,
andererseits wurde ihnen von ihren Gegnern der gerichtliche Streitaustrag
verwehrt. Deshalb mussten 1455 sie
auf dem Reichstag zu Wiener-Neustadt klagen, dass ihre Freiheit beeinträchtigt
würde und dass sie überall unrechtlichen Fehden ausgesetzt seien.
In
den Reichsreformplänen wurden sie immer weiter abseits hingeschieben. Kaiser
Sigmund hat einmal geplant, die Reichsstädte durch den Zusammenschlu©¬ mit der
Ritterschaft zu einem politisch bedeutungsvollen Element der Reichsverfassung
zu machen, aber zum dritten Stand der schwächeren Mächte kam es im Reich
nicht. Für die Reichsstädte war
nach dem Scheitern der Reichsreform unter König Albrecht II. in den Jahren
1438/39 die letzte Möglichkeit vorbei, mit Hilfe des Königtums eine Stellung
neben den Fürsten zu behaupten, obwohl vorsichtige Zurückhaltung oder sogar
schlie©¬liche strikte Ablehnung gegen diese Pläne schon früh ziemlich auffällig
geworden waren. In den Jahren 1442
und 1453-1455 wurde die Reformdiskussion ganz von den Kurfürsten beherrscht,
seit 1467 trat der reichsfürstliche Einflu©¬ hinzu. Nun vollzog Friedrich III. entschieden
die Wendung von den im gro©¬en Fürsten- und Städtekrieg der Jahre 1448-1453
erneut geschwächten Städten hin zu den Fürsten, die politisch zukunftsreich
waren. Er hatte keine Absicht, in der Reichsverfassung und
Reichspolitik die Städte aufzuwerten, obwohl dem finanziellen und militärischen
Potenzial der Reichsstädte im heftigen Streit gegen das Bündnis der
bairisch-wittelsbachischen Partei eine gro©¬e Berdeutung zukam. Für den Kaiser
war die Pflicht der Reichsstädte zum Gehorsam entscheidend, er erkannte nicht ihre Befähigung zur
Mitregierung im Reich an.¡¡Die
Fürstenbundspläne von 1463/64 mit Ziel von der Befriedung und Reform des Reichs
liefen auf die finanziellen Ausplünderung der am Bund nicht beteiligten
Landesherrn und der Städte hinaus, indem die vorgesehene von ihnen gezahlte
Reichssteuer und die Zollordnung nicht nur dem Kaiser, sondern auch den Fürsten
als Mitglieder des Bundes neue Finanzquellen erschlie©¬en sollten.
¡¡Jetzt mussten die Städte befürchten, zum Gegenstand der
königlich-fürstlichen Reichspolitik zu werden, und der Angst war durch die
politschen und sozialen Gegensätze und wirtschaftlichen Rivalitäten zwischen
Fürsten und Städten gut begründet.
Sie reagierte mit sehr negativer und zurückhaltender Haltung auf die
Politik der Reichsoberen. Die
städtischen Politiker gaben selbst ihren Bescheidenheit Recht, weil sie
nutzlose Leistungen für Reich und Christenheit vermeiden mussten,
d.h.städtische Mitteln ohne gleichzeitige Hilfeleistung der Reichsstände nicht
aufbringen mochten. Sie behaupteten
auch, den Anteil der Hilfeleistung für Reich nach Anschlag der Finanz- und
Personenkraft zu bestimmen, und unter diesem Vorbehalt formulierten die Städte
zum Beispiel 1480 ihre Bereitschaft für den Feldzug gegen die Türken. Bewusste Zurückhaltung und Kundgebung
politischer Minderwertigkeit wurden zum Ausdruck gebracht, wenn die Fürsten auf
dem Reichstag städtische Stellungnahme die Reichshilfe betreffend
aufgeforderten.
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Die negative Haltung der Reichsstädten
gegenüber Reich und Kaiser veränderte nicht, auch wenn der Reichtagsverfassung
immer stärker organisiert wurde, und damit einhergehend, der Städtetag als
Organ der Willensbildung der Reichsstädten im Hinblick auf Reichspolitik
entstand.
Der
Städtetag fanden im Zeitraum von 1471 bis 1492 insgesammt zweiunddrei©¬ig Mal
statt, die sich auf die Reichstage von 1471,1473,1474,1480/81,1486,1487,1489
und 1492 vorbereiteten. Die
Reichstage von 1471 bis 1474 standen in einem unmittelbaren Zusammenhang und
verursachten 10 Städtetagen. 8
Städtetage fanden in Bezug von Reichstag von 1479-1481 statt. 7 Städtetage wurden während neun Monaten
nach dem Frankfurter Reichstag von 1486 abgehalten. Der Reichstag von 1487
verursachte 4 Städtetag und 1492 fanden 3 Sädtetage statt. Von den 74-80 in den Reichsmatrikeln
gefuhrten Reichsstädten erschienen durchschlitlich etwa 20, und weitere 20
bevollmächtigten andere Städte mit ihrer Vertretung.
Unter den
Reichsstädten gab es eine gro©¬e Unterschiede von Prestige und Einfluss. Grö©¬tes politisches Gewicht kam zweifellos
den gro©¬en Städten Augsburg, Nürnberg,
Die
mindeste Zahl der daran teilnehmenden Städte war 9, und der grö©¬te Städtetag
sammelte 23 Städte. Meistens
schickten 18 bis 22 Städte ihre Stadtboten nach dem Städtetag. Die unstabile Zusammensetzung der
Versammlungen kompensierte die Dauerpräsenz der gro©¬en Städte, ihre Meinungen
wichen aber voneinander so ziemlich ab, dass der Koordination der Meinungen
gro©¬e Mühe gegeben werden musste.
.Der
Städtetag behandelte Reichsabschiede, Friedensordnungen, Matrikularanschläge
und Steuerordnungen, die von den an den vorausgegangenen Reichstagen
beteiligten Städteboten zur weiteren Beratung und Bschlussfassung gebracht
wurden.. Der Städtetag hatte auch
die Funktion von Vortagungen des Reichstags, weil Reichstag nacheinander abgehalten wurden und
letztliche Beschlussfassungen oft aufgeschieben wurden.
Der
Ursprung des Städtetags geht im Mai 1438 zurück, wo König Albrecht II. den
Reichsstädten empfiel, vor dem geplanten Reichstag auf einer besonderen
Städteversammlung über dei Verhandlungsthemen vorher zu beraten und ihm das
Ergebnis mitzuteilen. Die Städte
nahmen diesen Vorschlag an und hielten am 17.Juli den Ulmer Städtetag ab.
Die
Reichsstädte entsandten zum Reichstag bevollmächtigte Vertreter, die zum gro©¬en
Teil dem Rat selbst zugehörten.
Ihnen wurde aber keine selbständigen Befugnisse eingeräumt,
Entscheidungen zu treffen oder bindende Erklärungen abzugeben. Der Stadtrat war daran interessiert, die
Beziehung zwischen ihnen und den Entsandten möglichst eng zu halten und eine
Verselbständigung der formellen Kompetenz zu verhindern, die von ihnen erteilt
wurde. Der Rat band seinen
Vertreter streng an eine genau gegebene Instruktion und erlaubte ihm nur einen
geringfügigen Handlungsspielraum.
Kaiser und Reichsfürsten machten immer stärker den Versuch, dass sich
die Städtevertreter ihrer Handlungsvollmacht bewusst werden und dadurch vom Rat
weitgehend gelöst wurden. Aber sie mussten häufig ein Hintersichbringen d.h.
die Gewohnheit, die Angelegenheiten zur Einholung neuer Weisungen nach Hause zu
bringen, gestatten, sofern sie die
Zustimmung derer versichern mussten, von denen die faktische Wirksamkeit der
Beschlüsse oder Zusage abhing.
1485/86
wurde die Ladung der Reichsstädte zu dem Reichstag abgelehnt mit der
Begründung, dass die Städte auf Hintersichbringen daran teilnehmen, die zu
verhandelnde Sache aber keinen Verzug gestattet. Auf dem Frankfurter Reichstag von 1489
verfügten nur die Vertreter der 26 Städte des Schwäbischen Bundes tatsächlich
über die im Ladungsschreiben geforderte volle Gewalt. Die Städteboten Nürnbergs
und Frankfurts waren zwar zur Vollmacht berechtigt, waren sie duch angewiesen,
zunächst diese Vollmacht zu verbergen und auf Hintersichbringen zu gehen.
Sowieso besa©¬en die Städteboten in der Regel unterschiedliche Weisungen
von ihren Heimatstädten, so dass die Unterschiede unter ihnen nicht offenkundig
wurden, wenn sie ein Hintersichbringen ohne gro©¬e Schwierigkeiten erreichen
konnten. Wenn ihre Differenzen voll
zutage traten, mussten sie damit rechnen, dass Kurfürsten und Fürsten die
Städte nach ihren Willküren veranschlagen würden. Der Zeitspann, der durch die
eingeräumten Erklärungsfristen erreicht wurde, diente dazu, sich im nächsten Städtetag
um die Koordination der Meinungsunterschiede und um eine einheitliche Politik
zu bemühen. Die Einigungsversuche wurden durch die Erkenntniss geleitet, dass
die Reichsstädte nur durch übereinstimmende Handlungen gro©¬e Belastungen hätte
abwehren können. Oft genug traten
die Meinungsunterschiede auf und wurde keine definitive Beschlussfassung
erzielt, so dass weitere Städtetage nötig wurden. Die beschränkte Vollmacht und das
Hintersichbringen funktionierte auch als Widerstandsmittel, mit dem versucht
wurde, den erhobenen Anforderungen ohne offensichtliche Konfrontation mit dem
Kaiser und den Reichsfürsten zu umgehen.
Städtische Gesandtschaften, die im Auftrag des Städtetags an den
Kaiserhof gesandt wurden, sollten dem Kaiser die schwierige wirtschaftliche und
finanzielle Lage der Städte erklären und ihn um die Befreiung von der
Reichshilfe bitten. Sie sollten auch auf Hintersichbringen gehen. Man erwartete auch mit dieser
dilatorischen Strategie, dass der die Reichshilfe herauslösende Konflikt in der
Zwischenzeit beigelegt wurde und die Hilfeleistung unnötig wurde. Aber mit der steigenden Gefahr, die mit
diesen dilatorischen und hemmenden Massnahmen einherging, zeigten sich Risse in
der städtischen Front.
Durch ihren
unmittelbaren Zusammenhang mit den Reichstagen kammen den Städtetagen die Funktion
einer verselbstädndigten Reichstagskurie hinzu, in der nach dem Bericht der
Städteboten die Diskussionen zu einem definitiven Beschluss führen
sollten. Häufig wurden Städtetage
vom Reichstag aus einberufen. 1487
wurde gleichzeitige Tagung neben dem Reichstag unter besonderer Situation
abgehalten, was im 16.Jahrhundert üblich wurde. Städtetage erfüllten die Aufgabe,
städtische Lasten zum ,,gemainen nutz aller stett'' abzuwehren oder zu mindern. Bei dieser Gelegenheit wurde der
Widerstand gegen kaiserliche Forderungen und von den Reichsfürsten
zusammengefasste Matrikularanschläge organisiert.
Obwohl die Reichsstädte auf den Städtetagen versuchten , ihre
verschiedentlichen Standpunkte zur korporativen Städtepolitik zu
koordenieren, hatten die Städtetage
keine korporative Verfassung, weil sie kein Mehrheitsprinzig wussten und kein
alle Mitglieder bindender Beschluss gefasst wurde. Es galt das Prinzip der Einhelligkeit
und viele Kompromissverhandlungen mussten getrieben wurden, um diese Einhelligkeit
zu gewinnen. Das führte zu den
seriellen Städtetagen.
Die Reichsstädte wurden von den Ständen in die Reichstagsverhandlungen
immer stärker einbezogen, wenn sie dachten, dass sie dem Kaiser in breiter
Front entgegentreten müssten. Aber
sofern die städtische Antwort auf die kurfürstlich-fürstliche Stellungnahme
ihnen nicht günstig war, gerieten die Reichsstädte sehr rasch in die Isolation
und deren Mitwirkungen wurden wieder beschnitten. Reichsfürsten und Kaiser stimmten in der
Ansicht überein, dass die Reichstädte sich ihren Beschlüssen einfach zu fügen
hätten.Auf dem Reichstag von 1471 wurden die Städte vom Kaiser streng zur
völligen Aufnahme des gemeinsamen Votums der kurfürsten und Fürsten gezwungen.
Die
ungenügende Berechtigung der Städte wirkte sich am entschiedensten darin aus,
dass sie von den Beratungen ausgeschlossen waren, in denen die Gesamtquote der
Reichshilfe auf die einzelnen Stände und Städte verteilt wurde. Von den Reichsstädten wurden als
Reaktion darauf neben Forderung nach angemessener Veranschlagung die
Berücksichtigung der schweren Wirtschafts- unf Finanzlage der Städte und der zu
erfüllenden umfangreichen Reichsdienst geltend gemacht. Aber diese Forderung wurde nicht
akzeptiert. Die Anschläge von
1454, 1471, 1480/81, 1489 usw. sind denn auch ohne Mitwirkung der Reichsstädte
an den Beratung im Reichsrat oder in den Ausschüssen gefertig worden. Die
Städteboten mussten au©¬erhalb des Beratungsraums warten. Andererseits konnten sich die Städte
nicht zu einer Mitarbeit entschlie©¬en, als 1471 auf dem Reichstag ihnen
erstattet wurde, zwei Vertreter in die Anschlags- und Landfriedenskommission zu
entsenden. Zu dieser Zeit war ihnen
eine Ausschussbeteiligung nicht unbedingt erstrebenswert, weil sie die
Reichshilfe nach eigenem Ermessen ohne Einmischung der anderen Stände bestimmen
wollten.
Gegen ihre
Veranschlagung durch Kurfürsten und Fürsten machte ein Teil der Reichsstädte
grundsätzliche Einwände geltend.
Die rheinische Gruppe unter
der Führung Stra©¬burgs vor allem sah auf den Städtetagen des Jahres 1481 die
Veranschlagung durch die Reichsfürsten als unrechtlich an, da sie sich auf dem
Status der Reichsunmittelbarkeit befänden.
Sie stützten sich damit auf ein älteres Verfassungsverständnis, das aber
den Ausbau des Reichstags zu einem ständischen, dem Kaiser selbständig
handelnden und ihm gegenübertretenden Gremium ignorierten. Diese Argumentation war insofern trotz
der politischen Korrektheit gegenüber der Missachtung ihrer Stellung durch die
anderen Stände antiständisch.
Wenn die Reichsstädte gegen ihre Veranschlagung durch die Reichsfürsten
das Recht behaupteten, ihre Leistung prinzipiell ohne Veranschlagung inder
Matrikel nach eigenem Ermessen festzusezen, so handelten sie mit der
Begründung, es sei das Herkommen der Städte, ,,das sie sich in sollichen
sachen.... selbs anschlagen, vun von nyemand angeslagen werden sollent".
Der Rat der Stadt Augsburg machte 1474 gegen die Steuerordnung des zehnten
Pfennigs das herkömmliche eigene Anschlagsverfahren geltend, und wiederholte
diese Behauptung für seine Gesandten zum Esslinger Städtetag 1480, auf dem die
Reichsstädte versuchten, im Hinblick auf den bevorstehenden Nürnberger
Reichstag eine gemeinsame Haltung anzunehmen. Auf dem Städtetag kamen die Reichsstädte
überein, dass jede Stadt sich überlegen solle, wie hoch sis sich selbst
veranschlagen wolle. Auf dem
Speyrer Städtetag vom März 1480 wurden den Städteboten gewiesen, dass sie den
zehnten oder zwölften Mann für die Türkenhilfe, wenn es nicht anders ging,
siebten Mann anbieten, wenn sie nicht umhin könnten, ihre Meinung zu
veröffentlichen. Auf dem Städtetag
wurde auch entschieden, dass die Gesamtquote von Städten selbst nach Massstäbe
der jeweiligen Reichssteuerleistung zu verteilen. Auf dem E©¬linger Städtetag vom September
1481 lehnte die rheinische Städtegruppe eine Hilfeleisung unter Berufung darauf
radikal ab, dass die Reichsstädte keineswegs verpflichtet seien, mit dem ohne
ihr Wissen und ihren Willen vorgenommenen Anschlag einverstanden zu sein, weil
die Reichsstädte unmittelbar Kaiser und Reich vebunden seien. Der Kaiser sollte sich als
allergnädigster Herr erbitten lassen, die Städte in ihren Freiheiten und in
ihrem Herkommen gegen die rechtswidrige Neuerung zu schützen. Demgegenüber erklärten es die fränkischen
und schwäbischen Städte nicht ratsam, keine Hilfe zu leisten, wenn sie es auch
tatsächlich nicht schuldig seien, dem Anschlag zuzustimmen. Sie konnten sich kaum der radikalen
Ablehnung der rheinischen Städte anschlie©¬en und es ging für sie nur um eine
Einigung über die Höhe der zu leistenden Hilfe. Sie sahen es klar, dass die Einwände
gegen Rechtm䩬igkeit der Veranschlagung nicht nur nie gehört würden, sondern
die schwere Ungnade des Kaisers zuziehen könnten. Nach dem Befehl zum Vollzug des
Anschlags, wurden doch die Reichsstädten im Novermber 1481 vom Kaiser wegen
Ungehorsams für straffällig erklärt und zur Rechtfertigung vor das kaiserliche
Kammergericht geladen. Der Nürnberger Rat wies ihren Gesandten am Kaiserhof an,
angesichts der drohenden Ladung der Städte vor das Kammergericht dem Protonatar
und dem Fiskal darzulegen, dass die Nürnberger auf allen Stätetagen zu der
Hilfe bereit seien und die anderen Städten als Exponenten der Reichsstädte dazu
anzuregen. Andererseits ging die
Stra©¬burger Gesandtschaft am Ende des Jahres an den Kaiserhof in
Wiener-Neustadt und trug die Einwände gegen Veranschlagung der Reichsstädte
vor. Friedrich III. antwortete
nicht auf den verfassungsrechtlichen Standpunkt der Stadt und sagte, dass er
schon den Anschlag durch die Fürsten anerkannte und ihn deshalb ohne Wissen und
Willen der Fürsten nicht verändern könnte.
Nach die
bis ins jahr 1483 dauerten langen Verhandlungen durch einige weitere
Gesandtschften wurden Verträge geschlossen, wodurch das Stra©¬burger Kontingent
durch Soldzahlungen abgelöst und die Gesammtkosten der Reichsstädte festgesetzt
wurden . Aber Herkommen der freien
Städte, nur zu einer besonderen Reichshilfe(Romzug zur Kaiserkrönung und Zug
gegen die Unglübigen) verpflichtet zu sein, wurde nicht respektiert und sie
sollten die Lasten der Reichsstädte vollständig tragen. 1486 wurde die Veranschlagung auf dem
Frankfurter Reichstag ohne Berufung der Reichsstädte vorgenommen, und der
städtische Anteil an den Reichslasten wurde von 22-25 % auf 30 % erhöht. Diesmal nahm die kaiserliche Kanzlei die
Verteilung der Gesammtquote vor.
Die Einwände gegen diesen Anschlag und die Verteilung beim Kaiser brachten keinen Erfolg. Die Reichsstädt traten im Juli 1486 in
E©¬lingen zu einem Städtetag zusammen, um über den Anschlag zu beragen und eine
Intervention beim Kaiser vorzubereiten. Aber der und weitere Städtetage
erreichten keinen letztlichen Beschluss über das Vorgehen der Reichsstädte, so
kündigte der Kaiser an, den Speyrer Städtetag im Noverber 1486 zu besuchen und
erklärt er sich bereit,
Verhandlungen mit Städten über die Frankfurter Anschläge zu machen. In den Verhandlungen vermeidete der
Kaiser die Stellungnahme über die Bedenken der Städte gegen die Rechtm䩬igkeit
ihrer Veranschlagung, indem er sich auf den gemeinsamen Beschluss von Kaiser,
Kurfürsten und Fürsten berief. Au©¬erdem erwartete er von den Städten,
bevorstehende weitere Beschlüsse über die Anschläge zu befolgen. Er rechtfertigte die Forderung damit, dass
die erfolgreiche Beendigung des Krieges mit dem ungarischen Königs, für den der
Frankfurter Anschlag ausgearbeitet wurde, im Interesse der Städte selbst liege,
da durch den König der Wirtschaftsverkehr gehindert werde. Das von den Städten beanspruchte Recht
auf Anhörung in den sie berührenden Angelegenheiten wurde nicht geleugnet, aber
der vom Kaiser gemachte Gehorsamsanspruch wurde mit der dringengen
Notwendigkeit der Hilfe begrundet, und eine Diskussion über die
Mitwirkungsrechte der Reichsstädte wurde einseitig abgebrochen.
Zum im März
1487 einberiefenen Nürnberger Reichstag lud Friedrich III. neun Städte, seine
den Reichsstädten gegeüber beschränkende Politik blieb aber unverändert. Er verlangte unter scharfer
Strafandrohung die Bevollmächtigung der städitschen Gesandtschaften, damit die
Städte den die dringlichen Frage der Reichshilfe betreffenden Beschluss ohne
Hintersichbringen sofort folgen könnten.
Die Städte drückten ihren Auspruch auf Mitwirkung am Anschlag positiver
als früher aus. Sie verzichten auf
das Hintersichbringen und versahen die Städteboten mit der vollen Gewalt, so
dass sie beabsichtigte, durch die positive Einwicklung in die Reichssache statt
der dilatorischen und störenden Politik ihre Ziele zu verwirklichen. Indem sie den ständische Ablehnung des
Frankfurter Anschlags teilten, konnten sie die Einbeziehung in das neuen
Veranschlagungsverfahren erfüllen.
Aber in dem im Hinblick darauf organisierten Ausschuss kam es zu keinem
Beschluss. Angesichts der akuten
Gefahr für Reich und Kaiser(Belagerung der Stadt Winer-Neustadt) schlugen die
Kurfürsten einen Geldanschlag vor, und die Fürsten arbeiteten die genaue
Matrikel dafür ohne Einbeziehung der Reichsstädte aus. Der Widerspruch gegen die Quote der
Städte von mehr als 30 % und gegen das Verfahren ohne Mitwirkung der Städte
wurde zum Teil erhört. Es geling
ihnen, die Quote um ein Drittel (zu 22.6%) herabzusenken, und für sich die zu
verteilen, während der Anspruch auf Beteiligung der Veranschlagung als nicht
herkömmlich zurückgewiegen wurde.
In den
Reichstagen vom Jahre 1486 und den daran anschlie©¬enden Städtetagen veränderten
sich das städtische Konzept, indem sie von ihrem Anspruch auf Leistung nach
eigenem Ermessen abgingen und ein Hintersichbringen prinzipiell nicht in
Anspruch nahmen. Sie bemühten sich
um eine stärkere Integration in die Verhandlungen der sich formierenden
Reichstags und um Einbeziehung in das Veranschlagungsverfahren. Dadurch wurde die Brücke zum Ausbau des
reichsstädtischen Reichstagskollegiums zu einer korporativen Einheit
geschlagen. Auf dem berühmten
Wormser Reichstag von 1495 lie©¬en sich die Reichsstädte ihre Mitwirkung an den
Verhandlungen über die Reichshilfe und gemeiner Pfennig anerkennen, während sie
von den Beratungen über die Reichsreform völlig ausgeschlossen blieben. Darüber hinaus konnten sie ihren Anteil
an der Reichshilfe auf ein Viertel gegen ein zunächst verangeschlagenen Drittel
herabsetzen und wurden in die Kommission eingelassen, die über gemeiner Pfennig
beriet. Nach diesem Reichstag
schien die Position der Städte noch stabiler zu werden. Sie wurden regelm䩬iger als zuvor in die
Beratungen im Reichsrat einbezogen, sie durfen Vertreter in die Ausschüsse
entsenden und die Abschiede (die am Ende des Reichstags verfasste Beschlüssensammlung)
mitbesiegelten.
Die Verbesserung
reichsstädtischer Stellung auf dem Wormer Reichstag und den folgenden
Reichstagen hatte einige politische Gründe. Zuerst wird auf die Tatsache
hingewiegen, dass sich Erzbischof Berthold von Mainz als Haupt der Kurfürsten
bemühte, eine breite Front gegen König Maximilian zu bilden. Au©¬erdem wollte der König Maximilian aus
politischen und taktischen Motiven Beteiligung aller Stände des Reichs an den
Beratungen der Verfassungsprobleme vollbringen. Diese politische Konstellation
erleichterte den Städten eine Mitwirkung an der Reichsfrage. Zum letzt blieb die Ausführung bereits
gefasster Beschlüsse übrig, und die Beteiligung an den Reichstagshandlungen
hatte in dieser Zeit nur eine geringfügige Bedeutung.
Trotz
der gestärkter Teilnahme der Reichsstädte an den Reichstagshandlungen konnten
sie aber eine Reichsstandschaft diesmal nicht sichern. Die oben erwähnte Absicht vom
König Maximilina erfüllte sich nicht und die Städte mussten in der ersten Hälfte
des 16.Jahrhundets die Argumente dafür anhäufen, um die reichsstädtische
Reichsstandschaft, konkret gesprochen, die Ausübung eines Votum decisivum von
ihnen zu gewinnen.
Die
Reichsstädte änderte Ihre Haltung am Ende des Mittelalters, Sie verzichteten auf ein
Hintersichbringen und auf einen Selbstveranschlagung nach eigenem Ermessen, wie
sie vom Kaiser und den Fürsten beansprucht wurden. Stattdessen wollten sie noch
positiver und intensiver an der Reichspolitik mitwirken und dadurch ihren
Anspruch auf den angemessenen Anschlag der Reichshilfe und ihre versicherte
Stellung im Reich verwirklichen.
Dafür spielte der Städtetag eine wichtige Rolle. Er trug zur Koordinierung der verschiedentlichen Ansichten,
besonders der Unterschiede zwischen den Reichsstädten und den ihnen immer näher
gerückten freien Städten bei. Sie
waren sich im klaren, dass ihre Einhelligkeiten gro©¬e Auswirkungen auf ihre
bessere Position gegen die oberen Stände übten, obwohl dazu gro©¬e Mühe und
lange Zeit gebraucht wurden. Sie
sammelten Erfahrungen in den verwirrenden Beratungen und Verhandlungen
innerhalb des Städtetags und den komplizierten Auseinandersetzung mit dem
Kaiser und den Fürsten und erlernten, ihre Taktik zu verfeinern und ihre
Strategie zu entwickeln. Dadurch
konnten sie die politische Lage benutzen, in der sich Kaiser und Fürsten scharf
gegenüberstanden und Kaiser unter der militärischen Konfrontation gegen die
antikaiserlichen Partei oder äu©¬eren Feinde wie den ungarischen König und die
Türkei schwer leideten. Letztlich
soll auf seinen Dienst für die zukünftige Stellung der Städte im Reichstag
hingewiesen. Er gründete den
Unterbau dafür, dass die Reichsstädte als eine Korporation eine sichere
Stellung innerhalb des Reichstags einnahmen, obwohl es nicht leich dazu kam,
die Reichsstandschaft zu erhalten und ihre Minderstellung gegenüber Kurfürsten
und Reichsfürsten darin unveränderlich war.
Die
Reichsstädte und die freien Städte um 1500 in Süddeutschland.
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